Revenge for Jolly! – Kritik

Chadd Harbolds Revenge for Jolly treibt das Antiheldentum im Revenge-Genre über den Umweg eines drogengetränkten Buddy-Movies auf die Spitze.

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Gründe für den Vergeltungswunsch gibt es im Revenge-Genre verschiedene: der Verlust eines nahe stehenden Menschen, der Betrug um den Anteil an der Beute oder der Anschlag auf das eigene Leben. Eines der Grundmerkmale dieser Filme ist die zwiespältige Natur des Protagonisten: Einerseits fordert seine Opferrolle Empathie vom Zuschauer, andererseits verwendet er moralisch nicht vertretbare Methoden, um das Gleichgewicht in seinem Weltbild wieder herzustellen. Chadd Harbold führt dieses Prinzip in seinem Beitrag Revenge for Jolly! nun völlig ad absurdum – angefangen damit, dass es hier der Mord am geliebten Zwergpinscher ist, der Kleingangster Harry (Brian Petsos) zum unerbittlichen Rückschlag veranlasst. Wer da anzumerken wagt, es handle sich doch „nur“ um einen Hund, fängt sich schnell eine Kugel ein.

Ohne Plan, aber mit seinem Cousin und gleichzeitig besten Freund Cecil (Oscar Isaac) im Schlepptau macht sich Harry auf, den Täter zu finden. Die Suche kommt einer Schnitzeljagd gleich, an deren Ziel ein gewisser Bachmaier (Ryan Phillippe) steht. Versorgt mit einem ganzen Arsenal an Waffen sowie Unmengen von Bier und anderen Rauschmitteln tuckeln die beiden von einem Informanten zum nächsten und hinterlassen jeweils ein Blutbad. Die Handlungsstruktur beschränkt sich im Wesentlichen auf das immergleiche Grundschema – man konfrontiert die Informanten und liefert sich eine Schießerei mit ihnen – und seine Anwendung in verschiedenen Szenerien – in der Kneipe, im Hotelzimmer einer Prostitutierten, in einer Anwaltskanzlei, auf einer Hochzeitsgesellschaft. Ein bisschen kommt man sich vor wie in einem Computerspiel, in dem von Level zu Level und in Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Gegnern stets dieselbe Aufgabe gelöst werden muss. Verbunden werden die einzelnen Stationen jedesmal von einer Dialogszene im Auto, in der Harry und Cecil ihre Situation auf eigensinnige Art rekapitulieren und sich zu treibendem Elektro-Rock unermüdlich stimmungslockernde Drogen einschmeißen.

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So ernst es Harry mit seiner Abrechnung meint, so wenig ernst ist es Chadd Harbold mit seinem Film. Dem Publikum Spannung zu bieten und in die nur rudimentär vorhandene Geschichte hineinzuziehen, kann jedenfalls kaum sein Anliegen gewesen sein. Harry und Cecil stolpern mit nahezu schlafwandlerischer Trägheit durch die Handlung und stehen ihren Gewalttaten dermaßen teilnahmslos gegenüber, dass auch der Zuschauer unweigerlich auf Distanz zum Leinwandgeschehen gehalten wird. So strikt wie hier wurde die Möglichkeit zur Empathie mit den Figuren selten verweigert. Sämtliche Charaktere entspringen einem stark überzeichneten Amerika, in dem jeder Mann ein Macho mit dreckiger Weste ist, und Frauen ihre Existenzberechtigung nur als Lustobjekte oder hinter dem Herd haben. Sofern er nur über ausreichend Gunpower verfügt, scheint sich hier selbst der größte Taugenichts Gehör verschaffen zu können. Bei Harry und Cecil fühlt man sich zudem an die Slacker aus dem Filmuniversum von Kevin Smith erinnert, aber selbst für diesen Vergleich sind die beiden Figuren letztlich zu nihilistisch.

Was die Stärke von Revenge for Jolly! ausmacht, ist die Konsequenz, mit der Harbold sein Antihelden-Programm durch- und dem Film eine flüssige Erzählung entzieht. Es gibt kaum einen Dialog, der nicht ins Stocken gerät, und fast jede Figur wird mit so ausgestellter Planlosigkeit verkörpert, dass das tatsächlich schon wieder zu amüsieren vermag. Ein besonderer Clou des Films besteht in den Gastauftritten diverser Schauspieler aus dem Mainstream-Kino (u.a. Elijah Wood, Kristen Wiig, Adam Brody, sowie Sledge-Hammer-Darsteller David Rasche, der wieder mit der Magnum herumfuchteln darf), die den Zuschauer zusätzlich irritieren. Inklusive entsprechend hässlicher Haarpracht fügen sie sich ganz umstandslos in den grotesken und schmierigen Antipathen-Kosmos ein.

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Zwischen der Atmosphäre eines Spaghetti-Westerns und eines Cheech-und-Chong-Films changierend, belebt Revenge for Jolly! den Geist von Trash- und Grindhousefilmen der 1970er Jahre, und erscheint dabei dennoch originär, da ihm dieses Unterfangen ohne offensichtliche Beschwörung konkreter Referenzfilme gelingt. Wenn Harbolds Film mit seiner absurden, repetitiven Handlung und dem eingängigen Soundtrack nach knapp 85 Minuten, in denen die zwei Dauerzugedröhnten ihre Vergeltungsmission nebenbei zu einem Best-Buddies-Abend ausarten lassen, am unspektakulären Ende angekommen ist, fühlt man sich als Zuschauer selbst ein wenig wie betäubt. Mit retardierter Wirkung stellt sich dann jedoch ein Gefühl der Anerkennung für dieses so schwarz- wie trockenhumorige und risikofreudige Stück Antikino ein.

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