Rebel Moon - Teil 2: Die Narbenmacherin – Kritik
Neu auf Netflix: Eine Stunde ländliches Idyll, eine Stunde monumentale Schlacht. Zack Snyders zweiter Teil von Rebel Moon ist in seiner klaren Struktur weniger verspielt als der Vorgänger, aber noch immer ungeordnet und lustgesteuert genug, um andere Filme nach Matsch und Theater aussehen zu lassen.

Ein namenloser Bauer bereitet sich auf die Auseinandersetzung mit einer imperialen Armee vor, auf die Schlacht mit einer Übermacht. Er schließt mit seinem Leben ab, um die Sache durchziehen zu können. Vor dem Aufbruch steht er auf und sagt, dass er nun für sein Dorf sterben werde. Worauf sein direkter Anführer, der eigens angeheuerte Prinz Tarak (Staz Nair), trocken erwidert, dass man das Sterben doch bitte dem Gegner überlasse.
Exposition und Schlacht

Das alles sind ganz neue Töne in Rebel Moon – Part Two: The Scargiver, sprachen die Protagonisten im ersten Teil doch noch durchweg vom Tod für die Ideale und empfanden bei ihrer Ankunft, dass das Dorf ein schöner Ort zum Sterben sei. Nun mehrmals die explizite Bevorzugung des Lebens über den Tod – in einem Film, der nach etwa einer Stunde Exposition nur noch aus einer monumentalen Schlacht besteht, in der die Leute dann doch wie die Fliegen sterben.

Dass weite Teile des Films aus einem Schlachtgemälde bestehen, ist durch das Konzept der Reihe bedingt. Weiterhin werden Anleihen der originalen Star Wars-Trilogie – dieses Mal schleichen unsere Protagonisten durch einen imperialen Kampfkreuzer, um dort am Zentrum etwas zu manipulieren, wobei sie nun auch mit Lichtschwertern kämpfen – in die Struktur von Die sieben Samurai (Shichinin no samurai, 1954) respektive Die glorreichen Sieben (The Magnificent Seven, 1960) gesteckt. Bestand der erste Teil aus der Akquise einer Handvoll Kämpfer, die ein Dorf vor einer gewaltigen Verbrecherbande beschützen sollen, folgt nun die Vorbereitung des Dorfes und der Dorfbewohner auf den Krieg und das Gefecht selbst.

In Akira Kurosawas Samuraifilm-Klassiker – einem Film übrigens mit erstaunlichem Arschfetisch – geht es um heldenhafte Samurai mit trostlosen Leben beziehungsweise solchen, die ihre Katanas als enormen Phallus aus der Hüfte stehen lassen, weil sie ihre fragile Männlichkeit überkompensieren müssen. Und um ein Dorf, in dem die Leute einen Sinn in ihrem Leben haben – und hinter dem ein romantischer Zauberwald voller Frauen wartet. Philosophiert das Original also durchaus mit einem Zwinkern im Auge herum, herrscht in Zack Snyders Science-Fiction-Western-Kriegsepos der allumfassende Ernst.
Krieg als Discokugel

Die erste Stunde von Rebel Moon Part Two dominiert ein ländliches Idyll wie aus einem Werbefilm. Sonnenumschmeichelte Felder, die Montage erfüllender Arbeit und eine Gemeinschaft, deren Probleme nur von außen kommen. Aber dieses Ideal ist eben auch ein wenig langweilig, weshalb es tragische Helden braucht, die jeder für sich ihre traurigen Geschichten ausbreiten müssen, und eine zweite Stunde, in der mit Explosionen, Zeitlupen, kinetischen Kampfchoreografien und Opferwillen die Auszeit für die Seele mit Adrenalin aufgewertet wird. Wenn die Lasergeschosse bunt durchs Schlachtfeld zucken, ohne jemanden zu treffen, dann hat Snyders Version eines Krieg-der-Sterne-Krieges auch etwas von einer Discokugel.

Eine Zweiteilung machte schon den ersten Film aus, hier werden beide Teile ins Extreme getrieben. Auch im ersten Film spielte die erste Hälfte im Dorf, doch gab es da noch Konflikte und mehr Zweifel über die eigene Zugehörigkeit. Und die zweite Hälfte war die actionreichere, doch ging es variabler und handlungsreicher zu, weil jeder der glorreichen Helden mit einer eigenen Welt und Geschichte aufgegabelt wurde, während es jetzt nur noch eine Schlacht vor, im und über dem Dorf gibt.

In Krieg der Sterne wird sich mit dem Antrieb des Millennium Falken herumgeärgert oder der Flug mit Lichtgeschwindigkeit gezeigt. Bei Snyder wird das Reisen weggelassen, es gibt nur unterschiedliche Orte, zwischen denen ein Schnitt liegt, nämlich das Dorf und das Universum drumherum. War das Dorf wie im ersten Teil von einer Welt aus Schmerz und vielgestaltigem Kink eingekreist, umgibt es nun ein Universum aus Schmerz und durchs Weltall fliegenden Nazi-U-Booten. Die verschiedenen Welten da draußen fallen weg, weshalb es nur noch das Idyll und das Steampunk-Nazischiff gibt, in dem die Kanonen manuell mit Kurbel ausgerichtet werden und in dessen Inneren ein riesiges Kohlefeld liegt, in dem Arbeiter das Brennmaterial in Kessel schaufeln. Der Sex ist nicht mehr Teil der perversen Welt da draußen, sondern taucht lediglich als angedeuteter Kuschelsex auf, während die Perversion sich in einer materiell greifbaren – nicht digitalen – Kriegsmaschine ausdrückt.
Wikingerbauern gegen Weltraumnazis

Es gibt also wieder genug Futter, um Snyder eine faschistische Ästhetik vorzuwerfen. Worauf man entgegnen könnte, dass der schönste Ausdruck von Snyders Film verzerrte Bilder sind, die zuvorderst die Hauptfigur Cora (Sofia Boutella) zeigen und die aussehen, als würden sie in einem leicht anderen Seitenverhältnis wiedergegeben als sie aufgenommen wurden. Wodurch Snyders Film keine (gewalttätig) gereinigte und geheilte Welt zeigt, sondern eine, in der sich grundsätzlich seltsam gefühlt wird, in der irgendetwas doch nicht passt.

Andererseits ist ein Film Snyders, der nicht viel hat außer einer ästhetischen Vision, einem weiteren Film vorzuziehen ist, der nur nach Matsch und Theaterbühne aussieht. So ist dieser zweite Teil von Rebel Moon zwar deutlich weniger dynamisch als der erste. Mit seiner klaren Front zwischen zwei monolithischen Teilen ist er langatmiger und weniger verspielt. Nichtsdestotrotz ist es immer noch Action-Space-Opera, die in ihrer groben Ordnung kindisch, lustgesteuert und völlig unordentlich ist und in der bärtige Wikingerbauern mit einem Haufen diverser Comichelden gegen Nazis aus dem Weltraum kämpfen. Was die Sache grundsätzlich nicht nur schön anzusehen, sondern auch sympathisch macht.
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