Monster Hunter – Kritik

Zwischen Steampunk-Robinsonade und Drachentöter-Irgendwas trifft Milla Jovovich auf Tony Jaa. Die Handlung: Eine geradlinige Abfolge von zerstörungswilligen Gegnern, die ganz von ihren Schauwerten her gedacht ist.

Bevor sich die zwei Hauptfiguren in Monster Hunter zusammenraufen, haben sie eine intensive Auseinandersetzung. Ranger Artemis wurde durch einen Blitz in eine Wüstenwelt katapultiert, in der riesige Steinmonster durch den Sand schwimmen, riesige Spinnen zwischen den Felsen lauern und riesige Drachen Leute einäschern. Sie wird von Milla Jovovich gespielt, die sich im Laufe ihrer schillernden Karriere vom Supermodel zur Actionfilmdarstellerin gewandelt hat. Der namenlose Jäger, mit dem sie sich auf der Steininsel prügelt, ist auch gestrandet, nachdem er durch einen Steinmonsterangriff bei der Schiffsreise übers Sandmeer über Bord ging. Er wird von Tony Jaa gespielt, einem der besten und sehenswertesten aktiven Martial-Arts-Darsteller.

Abfolge zerstörungswilliger Gegner

Dass der Kampf zwischen diesen beiden ungleichen Schauspielern ebenbürtig erscheinen kann, liegt an einem rasanten Schnitt, der lediglich knappe Momentaufnahmen an unserem Auge vorbeidirigiert. Ein Kopf prallt auf einen Felsen. Jemand springt los. Ein Tritt. Es sind nur minimale Informationen, die durch die einzelnen Bilder vermittelt werden. Zu mehr reicht die Zeit auch nicht, wenn dieser Sturm aus Eindrücken über uns hinwegfegt. Was wiederum heißt, dass dieser Kampf nicht durch eine ausgeklügelte Kampfchoreografie entsteht. Körperliche Fähigkeiten und die Inszenierung von Räumen und Bewegungen sind nicht von Belang. Und das heißt nun wieder, dass jemand, der Tony Jaa kämpfen sehen möchte, hier an der falschen Adresse ist. Weil von seiner Kunst fast nichts übrigbleibt. Monster Hunter setzt den Bruch in Paul W.S. Andersons Kino fort, der mit seinem vorangegangenen Film Resident Evil: The Final Chapter (2016) einsetzte.

Beide sind sichtlich Werke ihres Regisseurs und Drehbuchautors. Die Dialoge bestehen weiterhin vorwiegend aus Onelinern, die Figuren sind grobe Entwürfe ohne Tiefe, der Hauch einer Geschichte dient nur dazu, die Figuren von einem Kampf zum nächsten zu bringen. Die Handlung besteht zuvorderst also aus einer geradlinigen Abfolge von zerstörungswilligen Gegnern: Erst greift ein Steinmonster, ein sogenannter Diabolo, ein Schiff an, dann eine gestrandete Militäreinheit, dann kommen Spinnen, dann kämpfen Artemis und der Jäger, beide kämpfen gegen den Diabolo, usw. usf.

Willkür von Vorteil

Die Weltenbildung in Andersons Resident Evil-Franchise ist fast schon legendär willkürlich. Jeder der Cliffhanger am Ende eines Films wurde im Nachfolger mehr oder weniger schnell fallengelassen, um etwas Neues zu entwerfen. Wo andere ihre Filmuniversen umsichtig aufbauen, ist es in Monster Hunter Ron Perlman als verschrobener Kapitän, der im bereits weit fortgeschrittenen Film kurz den Erklärbär gibt: Ein von einer zugrunde gegangenen Zivilisation gebauter Turm ruft Blitze hervor, unsere Welt ist durch diese Blitze mit seiner Welt der Monster verbunden, der Turm sollte also zerstört werden. Ein Drache bewacht den Turm und muss zur Strecke gebracht werden.

Diese Willkür ist aber nicht Nachteil, sondern Vorteil von Andersons Filmen. Weil diese eben nicht vom Drehbuch her gedacht sind, sondern von ihren Schauwerten. Nicht erzählerische, sondern optische Kniffe stehen im Mittelpunkt. Die langen Tunnel, in die die Kamera immer wieder starrt und die die Figuren zu hypnotisieren scheinen, erzählen uns etwa mehr über die Beschaffenheit der Leute, als es die Dialoge könnten. Und die Flüchtigkeit der Welten gibt Anderson die Möglichkeit, seinem gestalterischen Trieb freien Lauf zu lassen. Ob es die todessehnsüchtige Romantik von Pompeii (2014) ist, in der sich selbst die große Liebe in einem Gnadenmord begründet, der Steampunkpomp von Die drei Musketiere (The Three Musketeers, 2011) oder die immer wieder unterschiedlichen experimentellen Mäuselabyrinthe der Resident Evil-Filme, immer wieder offenbaren diese Filme einen bestechenden Spieltrieb.

Die fantasievollen Action-Set-Pieces mit ihrem Sinn für Schönheit, Einfallsreichtum und Nachvollziehbarkeit des Geschehens waren hierfür zentral. Und genau diese sind es, die seit Resident Evil: The Final Chapter abhandengekommen sind. Anderson und sein neuer Cutter Dobbie White (u.a. Gamer, 2009) lassen davon nichts übrig, wenn sie alles in kleine Einzelteile zerstückeln. Die klare optische Struktur, die noch die fragilsten und bedrohlichsten Räume und Welten mit einem Gefühl von Sicherheit ausstattete, ist dahin. So sehr sich die Filme weiterhin gleichen, so sind sie inzwischen doch voneinander grundverschieden.

Eindrucksflut ohne Einordnung

Es herrscht nun Durcheinander. Oder besser gesagt: ein beständiger Strom von Impressionen, durch den eine grundlegende Verlorenheit kommuniziert wird, da die Stiländerung über die Action hinausgeht. Immer wieder sind Finger zu sehen. Schürfwunden an den Gliedern. Fingernägel. Hände im Sand. Es ist eine Eigenschaft, die sich Monster Hunter mit Wong Kar-Wais In the Mood for Love (2000) teilt. Sind die Hände an Türrahmen oder auf Knien dort die Wahrnehmungen, die dem Vergessen entrissen sind, sind es hier Teile einer Eindrucksflut, deren Einordnung noch aussteht. Spinnenaugen, Spinneneier, jeweils viel zu groß und/oder zu schnell unterwegs, um angenehm zu sein, gehören ebenso dazu wie Teile des Panzers und der Hörner des Diabolo, bevor wir diesen mal als Ganzes sehen. Oder es ist dieses Hackbeil in einer Kombüse auf einem Segelschiff, in dem eine Piratenkatze der Schmutje ist.

Es ist dergestalt vielleicht schade, dass alte Qualitäten verloren gegangen sind und dass Tony Jaa eher nicht zeigen darf, was er kann. Der optische Reichtum ist aber nicht gänzlich verschwunden, sondern findet nur einen anderen Ausdruck. Dabei ist es atemberaubend, wie schnell und behände der Film zwischen Seefahrabenteuer, Militärodyssee, Monster-in-Wüsten-Film, riesige-Spinnen-in-feuchten-klaustrophobischen-Höhlen-Horror, Robinsonade, Steampunk-Hundert-und-eine-Nacht und Drachentöter-Irgendwas hin und her wechselt und wie er sich allem über betörende, einbrennende Eindrücke nähert.

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