Mission: Impossible 8 - The Final Reckoning – Kritik

Sonderbar verlabert. Regisseur Christopher McQuarries Mission: Impossible - The Final Reckoning, teurer (wahrscheinlicher) Abschluss einer der letzten verbliebenen Blockbuster-Filmserien alter Schule, kommt trotz Tom Cruise und eleganter Oberflächen nicht so recht in Schwung.

Einen schlappen Euro kostet die VHS des ersten Mission: Impossible-Films auf Ebay. Brian de Palmas Agententhriller aus dem Jahr 1996 zählte zu den letzten großen Verkaufsschlagern dieses dominanten Heimkinomediums der 1980er und 1990er - ein Jahr nach dem Kinorelease kamen die ersten DVDs auf den deutschen Markt und verdrängten die klobigen Magnetbandbehälter innerhalb kurzer Zeit fast vollständig. Es gehört zu den wenigen inspirierten Ideen des neuesten und zumindest vorläufig vermutlich letzten Teil der Filmserie, Mission: Impossible - The Final Reckoning, dass Ethan Hunts Abenteuer (ein weiteres Mal unter der Regie von Christopher McQuarrie) diesmal mit einer VHS Kasette einsetzt.

Bespielt hat sie die Präsidentin der Vereinigten Staaten höchstpersönlich und sie übermittelt Hunt, Agent der Impossible Mission Force, den Auftrag, dem er sich in den kommenden knapp drei Stunden zu widmen hat: Nur er, “the best of men in the worst of times”, kann, wird ihm mitgeteilt, “The Entity” lahmlegen. Diese Entity ist eine Künstliche Intelligenz, die bereits im Vorgängerfilm Mission: Impossible - Dead Reckoning Part One weite Teile des Globus unter ihre Kontrolle gebracht hat und sich nun anschickt, die nuklearen Arsenale aller neun Atommächte dieser Erde zu übernehmen. Und anschließend zu aktivieren und gemäß ihrer ultimativen Bestimmung einzusetzen. Um dem digitalen Teufel das Handwerk zu legen, greift die Mission Impossible Force diesmal vermehrt auf altmodisch analoge Technologie außerhalb der Reichweite der Datennetze, wie eben VHS, zurück.

Die KI mal wieder. Alles fliegt uns um die Ohren

Die KI mal wieder. Ein paar Filmszenen später wendet auch sie sich direkt an Hunt. In einer Art verkabeltem Sarg immobilisiert, wird er von der blau schillernden Datenkrake zugetextet. Ausführlich legt sie ihm ihre Pläne dar und führt ihm schon einmal vor, wie deren Ergebnis ausschauen wird: Alles fliegt uns um die Ohren, der Eiffelturm, der Kreml, der Big Ben. Diese Bilder, wissen wir, gilt es zu verhindern und Hunt ist der Mann für den Job. Er macht sich sofort an die Arbeit und nur Minuten später sehen wir ihn vor dem noch intakten Big Ben in Richtung finaler Abrechnung rennen.

Die sich freilich im neuen Hunt-Abenteuer lange bitten lässt. Sonderbar verlabert ist der (wahrscheinliche) Abschluss der Blockbusterserie insbesondere in der ersten Filmhälfte. Lang und breit diskutieren nicht nur die Präsidentin und The Entity selbst, sondern auch allerhand sehr wichtige Militärs die Pläne der Terror-KI, daneben melden sich diverse raunende Stimmen aus dem Off zu Wort und verkünden Weisheiten der Art “The world is the sum of our choices”. Gleich mehrmals lässt der Film außerdem in Schnellfeuermontagen alle seine Vorgängerfilme Revue passieren, insbesondere den erwähnten ersten Mission: Impossible aus dem Jahr 1996 kommt er wieder und wieder zurück. Schön, auf diese Weise dem Hauptdarsteller Tom Cruise beim Altern zuzuschauen; beziehungsweise durchläuft der ewige Sunnyboy eher verschiedene Stadien der Berufsjugendlichkeit. In der Gegenwart ist er immer noch gut in Schuss, gleich mehrmals präsentiert er seine stramme Oberkörpermuskulatur.

Der coolste USB-Stick ever

Auch nachdem die Gegenstrategie Hunts und seiner Mitstreiter Form annimmt, mag der Film − seinen gefälligen, teils gar eleganten Oberflächen zum Trotz (auch ein sehr klassischer Orchester-Score sorgt hier und da für Stimmung) − lange nicht so recht in Schwung kommen. Es gilt, lernen wir recht bald, ein verschollenes sowjetisches U-Boot im Nordmeer zu finden, um in dem irgendetwas Technisches installiert ist, das The Entity eventuell den Garaus machen kann (Freunde von abstrusem Tech-Mumbo-Jambo werden im Film auf ihre Kosten kommen; unter anderem kommt der coolste USB-Stick ever zum Einsatz). Bis Hunt allerdings tatsächlich in die Dunkelheit der arktischen Tiefsee herabsinkt, vergeht gefühlt eine ganze Spielfilmlaufzeit. Andauernd wird die Funktion dieser oder jener Gerätschaft erklärt, werden Mitglieder des Agententeams von A nach B verfrachtet, werden Funkssignale abgehört, versendet, diskutiert und so weiter. Jahrelang war der Film, einer der teuersten in der Geschichte des Kinos, in Produktion; schwer zu erklären, weshalb er über weite Strecken derart ungelenk geraten ist.

Lieferung in Maßen

Die Idee war möglicherweise, die Beliebigkeit der letzten paar Hunt-Abenteuer, in denen der Agent und sein Team in touristischer Manier von Erdteil zu Erdteil jetteten, einzudämmen und durch eine stringente Spannungsdramaturgie zu ersetzen. Auf der Strecke bleiben dabei freilich die Schauwerte, von denen die Serie seit ihren Anfängen primär lebt. Eine rasante Prügelszene, deren rabiate Zuspitzung Regisseur Christopher McQuarrie nicht direkt zeigt, sondern in den Gesichtszügen von Hunts Mitstreiterin und immer noch nicht ganz love interest Grace (Hayley Atwell) sich reflektieren lässt, bleibt lange ein einsames Highlight.

Erst wenn Hunt endlich doch beim oben erwähnten U-Boot anlangt, beginnt der Film, in Maßen, zu liefern. Eine gute Viertelstunde verbringen wir mit dem Agenten auf dem Meeresgrund. Es ist die beste des Films, und sei es nur, weil er hier unten endlich einmal dazu gezwungen ist, die Klappe zu halten. Es folgt dann doch noch eine gute Stunde klassische Mission: Impossible-Achterbahn, Bomben wollen entschärft werden, Hunt kraxelt hoch in der Luft auf Segelfliegern herum, im War Room ringt die Präsidentin mit moralischen Zwickmühlen der Marke “Darf ich Millionen töten, um Milliarden zu retten?”. Allein, verglichen mit den Vorgängerfilmen bleibt die Handbremse bis zum Schluss angezogen. Mission: Impossible - The Final Reckoning ist Spektakelkino, das nicht mehr so recht an die eigene, seit den Neunzigerjahren nur kosmetisch überarbeitete Erfolgsformel glaubt; aber auch keine zündende Idee hat, wie es künftig weitergehen könnte im - fürs Überleben von Kino als Massenmedium dringend notwendigen - Segment des High-Budget-Filmmaking. “Not with a bang but a whimper” endet eine der letzten verbliebenen Blockbuster-Filmserien alter Schule; und, vielleicht, auch eine lange dominante Idee von Kino.

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