Mädchen am Sonntag – Kritik

Laura Tonke, Katharina Schüttler, Inga Birkenfeld und Nicolette Krebitz sind die Mädchen am Sonntag in RP Kahls low budget-Dokumentation. Die Schauspielerinnen sprechen über ihre Liebe zum Beruf, Versagensängste, ihre Wünsche für sich und den deutschen Film.

Mädchen am Sonntag

Die „Mädchen“ sind in Wahrheit junge Frauen, die seit Jahren den heimischen Independentfilm bereichern und dennoch nie das geworden sind, was man hierzulande als „Stars“ bezeichnen könnte – Schauspielerinnen mit dem Bekanntheitsgrad einer Alexandra Maria Lara oder Franka Potente. Das liegt auch an der Rollenauswahl der Darstellerinnen: Lieber spielen sie in kleineren, engagierten Produktionen wie Eoin Moores Pigs will Fly (Laura Tonke, 2002) oder Hans Weingartners Das weiße Rauschen (Katharina Schüttler, 2001), anstatt mit „lieblosen TV-Filmen“ (Tonke) Geld zu verdienen. Doch mit der Unabhängigkeit kommt auch die Angst, dass die Engagements irgendwann ausbleiben könnten. Alle Aktricen plagt die Horrorvision, eines Tages „aufzufliegen“ und als darstellerische Dilettanten entlarvt zu werden. Hinzu kommt ein immer wiederkehrendes Gefühl der Verlorenheit zwischen zwei Filmen – endlich weiterarbeiten, nur um nicht nachdenken zu müssen, so formuliert es Inga Birkenfeld.

Die Offenheit, mit der die Frauen vor der Digitalkamera des Regisseurs und ausgebildeten Schauspielers Rolf Peter Kahl über ihre Karrieren und ihre Unsicherheit reden, macht den Filmessay sehenswert, aber auch ein wenig deprimierend. Zum ständigen Infragestellen des eigenen schauspielerischen Könnens kommt der Frust über einen Markt, der allzu häufig Konfektionsware verlangt. Da berichtet Katharina Schüttler, dass sie eine Szene aus Michael Hoffmanns Drama Sophiiiie! (2002), der Arbeit, die ihr bislang am meisten bedeutet hat, von ihrem Demoband nehmen musste, weil verstörendes Material bei Casting-Agenten und Fernseh-Redakteuren nicht gut ankommt. Und Nicolette Krebitz hat, um endlich einmal künstlerisch vollkommen frei arbeiten zu können, 2001 mit Jeans das Fach gewechselt und einen eigenen Spielfilm inszeniert.

Mädchen am Sonntag

RP Kahl hat seine Kolleginnen in vier eigenständigen Episoden und während langer Einstellungen befragt und beobachtet. Ausschnitte aus Arbeiten der Darstellerinnen werden ausgespart. Im Dokumentarischen ist dabei stets auch das Inszenierte sichtbar: Katharina Schüttler erinnert in Schneelandschaft und mit Fellkapuze an Dr. Schiwago (1965), Nicolette Krebitz trägt kurzes Haar und einen Jean Seberg’schen Ringelpullover, während sie über Weiblichkeit im Film spricht. Die Kamera bleibt nah an den Frauengesichtern und vermittelt dabei das, was immer schon einen erheblichen Teil der Faszination fürs Kino ausgemacht hat: die Liebe zu den Schauspielerinnen. Und sei es wie hier die Liebe zu den Mädchen am Sonntag mit all ihren Selbstzweifeln.

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Kommentare


kimkino

MÄDCHEN AM SONNTAG ist ein liebevoller Blick auf vier junge, bezaubernde Schauspielerinnen, die sich jenseits des Mainstreamkinos in Deutschland bewegen - vielleicht sind die großen Rollen für sie einfach noch nicht geschrieben worden.
Doch in diesem intimen Film-Portrait des Regisseurs RP Kahl werden sie endlich einmal ins Rampenlicht gesetzt - ein Licht, das sowohl die persönlichen Höhepunkte als auch ihre Niederlagen und Schwierigkeiten beleuchtet und so die Mechanismen des Filmbusiness hinterfragt. Es war höchste Zeit, jungen Frauen wie Laura Tonke, Nicolette Krebitz, Katharina Schüttler und Inga Birkenfeld ein Sprachrohr zu bieten!

Denn, wie die Seite www.goodmovies.de schreibt, sind sie die deutschen Pendants zu Chloe Sevigny oder Juliette Lewis in den USA, Charlotte Gainsbourg in Frankreich und Asia Argento in Italien.
Bei goodmovies gibt es übrigens die DVD mit vielen schönen Extras (Interviews, Making-of und deleted scenes) für nur 15,99 euro im Subskriptionspreis. Sehr zu empfehlen!






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