Löwenkäfig – Kritik

Inmitten klaustrophobischer Zustände: Argentiniens beeindruckender Oscarkandidat 2009.

Löwenkäfig

Das unvorstellbare Leben hinter Gittern ist bereits in unzähligen Filmen unterschiedlichster Genres – vom Actionfilm bis zum Melodrama – visualisiert worden. Allerdings widmen sich Gefängnisfilme selten dem Alltag der Inhaftierten und noch seltener konzentriert sich die Handlung auf weibliche Gefangene. Der Regisseur von Löwenkäfig (Leonera), Pablo Trapero, hingegen, rückt nicht nur ein Frauenschicksal in den Fokus, sondern erkundet die Lebensumstände Schwangerer und ihrer Kinder im südamerikanischen Knast. In Argentinien teilen die Kinder bis zu vier Jahren das Schicksal ihrer Mütter und tragen irreparable psychische Schäden davon. Derlei ethische Brisanz nutzt Trapero als Steilvorlage für einen sozial engagierten Film.

Löwenkäfig

Irgendwo in einer Wohnung in Buenos Aires: Eine junge Frau liegt am Boden und erwacht. Ihr Körper ist übersät mit Verletzungen – die Zimmer sind verwüstet. Überall finden sich Blutspuren. Was ist passiert? Verzweifelt greift Julia (Martina Gusman) zum Telefon und bittet die Polizei um Hilfe. Kurz darauf findet sich die Verstörte im Gefängnis wieder, denn außer ihr befand sich auch ein Toter in der Wohnung: der Vater ihres zukünftigen Kindes. Julia muss die folgenden Jahre im Frauengefängnis verbringen, wo sie Marta (Laura García) kennenlernt. Mit ihrer Unterstützung versucht sie Sohn Tomas entgegen aller Widrigkeiten,aufzuziehen. Der kleine Junge wird für Julia zum Lebenselexier, zur entscheidenden Überlebensmotivation. Als ihre Mutter (Elli Medeiros) droht, Tomas der leiblichen Mutter zu entreißen, kommt es zur Eskalation.

Löwenkäfig

Schonungslos fängt Traperos Kamera das harte Leben inmitten kalter Betonmauern und zwischenmenschlicher Aggression ein. Seine linear aufgebaute Handlung erzählt den zermürbenden Verlauf von Julias Ermittlungsverfahren, vom verzweifelten Kampf um einen fairen Gerichtsprozess und von schlaflosen Nächten zwischen Zellenwänden. Löwenkäfig wurde an Originalschauplätzen gedreht und unterstreicht durch den Einsatz tatsächlicher Insassen und Gefängnispersonals den eigenen Authentizitätsanspruch. Mit beinahe dokumentarischem Gestus richtet der Film sein Augenmerk auf das düstere Schicksal der Frauen und Kinder, ohne sich dabei in moralisierender Parteinahme zu verlieren. Szenen aufwühlender zwischenmenschlicher Spannungen gehen einher mit fotografisch-perfekten Einstellungen trostloser und brutaler Gefängniskulisse. Martina Gusman als Julia gelingt mit ihrer physischen Präsenz und virtuosen Wandelbarkeit ein herausragendes Porträt. Dabei meistert sie den Drahtseilakt, ihrer Figur einen glaubhaft zerrissenen Charakter zu verleihen: mal ist sie die von Gefängnissituationen und ihrer Mutteraufgabe überforderte junge Frau, mal tritt sie mit ungeahnter Härte und überraschendem Selbstbewusstsein dem Strafvollzug und ihren Schicksalsgenossinnen entgegen.

Löwenkäfig

Löwenkäfig präsentiert sich als ein fesselndes, im Gedächtnis bleibendes Melodram, dessen deutlich formulierte Sozialkritik an keiner Stelle in pathetisch-moralische Unglaubwürdigkeit abgleitet. Die an den Nerven zehrende Schilderung des Einzelschicksals ist als Tortur konzipiert, aus der ein unbequemes klaustrophobisches Gefühl erwächst.

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