German Cocaine Cowboy - Der Deutsche im Cali-Kartell – Kritik

Amazon Prime: Regisseur Peter Dörflers (Achterbahn, The Big Eden) abenteuerliche Doku-Serie über das Leben eines begeisterten Verbrechers im Hamburger Rotlichtmilieu und im kolumbianischen Cali-Drogenkartell ist ein flamboyantes und interessantes Stück Zeitgeschichte.

Joe Marx (1955-2023) will schon als Kind Verbrecher werden. In den 70er Jahren wird der rebellische, enthusiastische junge Mann in St. Pauli dann Mitglied der „Chikago-Bande“, Konkurrenzunternehmen der nicht minder berüchtigten „Nutella-Bande“, mit Rotlichtmackern wie dem „Schönen Klaus“ und dem „Aachener Peter“ (in der Zeit spielt auch die ebenfalls empfehlenswerte „Luden – Könige der Reeperbahn“-Serie von Laura Lackmann und Stefan A. Lukacs, 2023). Irgendwann sitzt Marx aus beruflichen Gründen im Hamburger Knast Santa-Fu und lernt dort einen kolumbianischen Narco kennen. Wieder draußen, kommt er durch ihn ans Ziel seiner Abenteuerträume: die große weite Welt des internationalen Drogenhandels. Wer die Narcos-Serien & Co. gesehen hat, kann in German Cocaine Cowboy staunen, wie gut die Narcos-Macher dieses Milieu recherchiert haben. Marx lernt das kolumbianische Cali-Kartell als hochprofessionelles Netzwerk kennen, das technisch-organisatorisch auf dem neusten Stand arbeitet und selbst die Regierung kaufen kann. Zu seinem Leidwesen aber gibt es auch Leute, die gegen das Kartell arbeiten…

Regisseur Peter Dörfler (Achterbahn, The Big Eden) ist spezialisiert auf flamboyante Halbweltmänner und ihr subkulturelles Umfeld. Er hat Joe Marx in seinen letzten Jahren dokumentarisch begleitet und damalige Weggefährten interviewt. Der Film enthält sich der Wertung, zeigt aber ungeschminkt auch die fragwürdigen Aspekte: Im narcostypischen Moralsystem und Ehrenkodex sind Dealer wie Konsumenten freie Menschen, und der Handel mit harten Drogen ist nichts Schlimmes; Gewalt ist oft notwendig, trifft aber keine Unschuldigen; so lange man finanziell gut für die Seinen sorgt, geht alles in Ordnung.

Was die verschiedensten Leute dem Regisseur so alles freimütig und entspannt erzählen, ist erstaunlich. Zu der freundlich-familiären Atmosphäre trägt auch Marx‘ verblüffend bürgerliche, nette und sehr unverbrecherische Freundin bei. − Einmal hatte er die große Chance, auszusteigen. Bei einem Theaterprojekt im Gefängnis fiel sein Talent dessen Regisseur auf. Dass die Gefängnisdirektorin ihm für die angebotenen Filmaufnahmen wegen Fluchtgefahr keinen Freigang gewährte, nimmt er ihr ewig übel.

German Cocaine Cowboy ist ein buntes und gelungenes Stück Zeitgeschichte, das mit Verve und Groove bei seinem freakig-freudigen und haarsträubend offen erzählenden Protagonisten aus dem Vollen schöpfen kann. Genremäßig ist der Film eines dieser gemixten Zusammenspiele von Dokumentar- und Archivaufnahmen, Interviewstücken und inszenierten Filmszenen. So was geht oft schief. Hier aber passt alles: Bildauswahl, Schnitt, Komposition, und die Serie ist in jedem Moment interessant. Eindeutige Empfehlung!

Die Serien kann man bei Amazon Prime streamen.

Neue Kritiken

Trailer zu „German Cocaine Cowboy - Der Deutsche im Cali-Kartell“


Trailer ansehen (1)

Neue Trailer

alle neuen Trailer

Kommentare

Es gibt bisher noch keine Kommentare.






Kommentare der Nutzer geben nur deren Meinung wieder. Durch das Schreiben eines Kommentars stimmen sie unseren Regeln zu.