Frauenzimmer – Kritik
Drei Frauen, drei Handys, drei Lebenswege entlang der roten Meile.

Saara Aila Waasners Dokumentarfilm erzählt die Geschichte von drei Frauen mittleren Alters, die im ältesten Gewerbe der Welt tätig sind. Christel, 58, arbeitet erst seit wenigen Jahren alsProstituierte. Erste Lust empfand sie mit 49, was sie darüber nachdenken ließ, wie sie von nun an Sexpartner kennen lernen könnte. Sie genießt ihre körperlichen Bedürfnisse und den damit auch finanziell einhergehenden Gewinn. Karolina, 64, betätigt sich als Domina. Für sie spielte die Sexualität bereits in der Jugend, als Rückzugsort für eigene Wünsche und Vorstellungen, eine zentrale Rolle. Die 49-jährige Paula führt ein Bordell. Eine knapp zehnjährige Haftstrafe sowie eine Identitätssuche zwischen Homo- und Bisexualität liegen hinter ihr.
Die Geschichten werden in alternierenden Handlungssträngen erzählt. Drei zentrale Fragen formen dabei die vorhersagbare Struktur: Wie ist es jetzt, wie war es früher und was hat sich zwischen Drehbeginn und -abschluss verändert? Dabei blitzen nur in einigen wenigen Szenen charmante oder gar witzige Momente auf: Etwa, wenn Christel beschreibt, inwiefern sie sich für einen Freier immer wieder neu als angeschossenes, wimmerndes Felltierchen mit pinken Schühchen präsentieren muss. Oder aber, wenn Karolina sich, ganz Diva, von ihrem Sklaven zum Schuhkauf begleiten oder auf einem quietsch-gelben Tretrad durch Berlin gondolieren lässt.

Während ein fiktiver Stoff wie Irina Palm (2006) auf humorvolle und komplexe Weise die Sexarbeit im höheren Alter als Erwerbsquelle thematisiert oder aber Wolke 9 (2008) einen wunderbaren Film über Sexualität und Liebe sowie das Älterwerden darstellt, lässt Frauenzimmer (2010) einen Fokus vermissen. Trotz des intimen Themas entstehen keine Momente der Nähe. Zu plakativ inszeniert Waasner das Glück oder Unglück ihrer Protagonistinnen. Zu wenig vielschichtig oder gar zwiespältig begegnen einem die drei Frauenzimmer. Christel fährt gerne Fahrrad, schwimmt und lächelt. Karolina ist agil, aktiv und offen für Neues. Paulas Sehnsuchts-Ort ist und bleibt die Aussichtsplattform eines Berliner Flughafens. Ein zu langer Film mit zu wenig Substanz.
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gut beschrieben! hier gibt es auch einen netten ´beitrag dazu: http://www.neues-deutschland.de/artikel/165124.weibergeschichten.html
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