Folge mir – Kritik
Ein Leben zwischen Religion, Angst und kleinen Sonnenstrahlen. In seinem ersten Langfilm zeichnet der österreichische Regisseur Johannes Hammel ein beklemmendes Familienporträt.

Es beginnt äußerst vielversprechend. Unspektakuläre Landschaft, ein kleiner Wirtschaftsweg. Eine junge Frau, zu Fuß unterwegs, fröhlich lachend, zwei Kinder an ihrer Seite. Die Gesichter der beiden sind nicht zu erkennen, sie tragen Faschingsmasken. Traditionelle Masken, wie man sie häufig zur Fasnacht im Südwesten Deutschlands und der Schweiz sieht – weniger lustig als vielmehr grotesk und beängstigend. Aber trotz der Tracht scheint es, als bestünde eine unsichtbare Differenz zwischen der kleinen Familie und der Welt um sie herum, als gehörten sie nicht dazu oder wären überhaupt nicht richtig anwesend. Dazu spielt Marschmusik, die surreale Spannung der Szene bekommt eine Eigendynamik. Diese Stimmung zwischen heiter und bedrohlich, zwischen verspielt und aggressiv könnte die Exposition in Johannes Hammels Langfilmdebüt kaum treffender einrahmen. Sie führt uns einerseits ein in die merkwürdig entrückte Halbwelt des Films und funktioniert andererseits als eine Art Sinnbild der verstörten Gemeinschaften, die Hammel in Folge mir beschreibt.
Im Zentrum steht dabei eine Familie, deren Leben von Furcht und Zwängen bestimmt wird. Vielgestaltige, diffuse Ängste machen vor allem der jungen Mutter (Daniela Holtz) zu schaffen, ihr Mann (Roland Jaeger) erträgt das nur schwer. Pius (Karl Fischer), der ältere Sohn, wirkt von Beginn an völlig verschlossen, beinahe apathisch. Der jüngere (Simon Jung), aus dessen Perspektive der Film in erster Linie erzählt, muss hingegen in der Schule leiden. Ein sadistischer Religionslehrer terrorisiert die ganze Klasse, und ihn scheint er besonders auf dem Kicker zu haben.

Folge mir spielt auf beengtem Raum. Die kleine Wohnung, das schmale Klassenzimmer; selbst draußen wird die Familie förmlich erdrückt von den Hallen und Fabrikschloten, die sich um sie herum auftürmen. Diese Räumlichkeit wirkt wie ein Katalysator für die beklemmende Atmosphäre, die sich zwischen Lethargie, Psychosen und religiöser Strenge manifestiert. Wie eine enge, dunkle Zelle hält sie die Figuren gefangen, nur manchmal dringen ein paar helle Sonnenstrahlen hinein: Bei der ersten zaghaften Annäherung des Jungen und seiner Klassenkameradin, oder wenn seine Mutter glückselig auf ihrem neuen Fahrrad sitzt. Wie auf den verwackelten Super-8-Aufnahmen, von denen die Erzählung immer wieder unterbrochen wird, stellt sich für kurze Zeit ein entspanntes (Familien-)Idyll ein.

Es ist vor allem das Schlaglichtartige, der nur lose Erzählzusammenhang, der den Film insgesamt wie eine Collage erscheinen lässt. Ein Bruch mit Sehgewohnheiten des Kinos, auf den man sich einlassen muss. Um Folge mir jedoch als wirklich experimentell zu bezeichnen, wagt er dann aber doch zu wenig Neues. Nicht zuletzt die oft sehr filigranen Aufnahmen im Film des gelernten Kameramanns Johannes Hammel sorgen allerdings dafür, dass er mehr ist als eine persönliche Vergangenheitsbewältigungs-Arie.
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