Das Goebbels-Experiment – Kritik
Lutz Hachmeister und Michael Kloft bebildern mit ihrer Dokumentation die Tagebücher des Nazi-Propagandaministers

Im Goebbels-Experiment werden zum ersten Mal ausschließlich die Tagebücher Joseph Goebbels als Grundlage für eine filmische Auseinandersetzung mit dem Propagandaminister Hitlers verwendet. Für ihre Filmdokumentation haben Lutz Hachmeister und Michael Kloft aus der Masse an autobiographischen Aufzeichnungen Goebbels eine Kompilation erstellt, die sich auf den Karrieristen und den modernen Medienmenschen in ihm konzentriert. Die Tagebuchtexte werden von Udo Samel gelesen (in der internationalen Fassung von Kenneth Branagh) und ohne offensichtliche Wertung, illustrativ mit Archivmaterial bebildert: schreibt Goebbels z.B. über Riefenstahl, werden Aufnahmen der Olympia-Dreharbeiten gezeigt. Eine tiefere Reflexion des Quellenmaterials bleibt sowohl auf der Bildebene als auch durch einen Off-Kommentar aus.
Mit ihrem Film versuchen Hachmeister und Kloft, das von Goebbels in dessen bis zu seinem Tod eifrig geführten Tagebüchern gepflegte Selbstbild eines souveränen Ministers zu demontieren. Das gelingt auch, nur ist das nicht alleine dem Film geschuldet. Anders als Das Himmler-Projekt (Romuald Karmakar, 2000), in dem das Quellenmaterial durch einen hoch artifiziellen Rahmen in einen neuen Kontext gestellt wird, bemüht das Goebbels-Experiment das Genre der klassischen Geschichtsdokumentation. Es ist nicht die Inszenierung des Films, sondern vielmehr Goebbels eigener Schreibstil, der - heute neu gelesen - durch die Mischung aus privaten Befindlichkeiten mit Überhöhungen von Geschehnissen seines Alltags die Selbsteinschätzung eines bürokratischen Schreibtisch-Nazis aufzeigt. Die Lektüre der Tagebücher selbst eröffnet viel vehementer einen Einblick in die Psyche Goebbels, als es der Film vermag. Zusammengekürzt verblasst jene Wirkung und auch die filmische Bebilderung fügt den Originaltexten kaum neue Perspektiven hinzu. Dennoch: indem die Filmemacher bewusst auf Kommentierung verzichten und auf die Urteilskraft des Zuschauers bauen, lädt Das Goebbels-Experiment ein, sich intensiver mit den Tagebüchern zu befassen.
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