Auf der anderen Seite des Bettes – Kritik

Diese Komödie über Ehekrise und Rollentausch gibt sich sehr französisch-wortreich, geredet wird dann aber doch viel über die falschen Probleme.

Auf der anderen Seite des Bettes

Eigentlich beginnt es mit einem Fauststoß, und das ist für eine romantische Komödie, die auch ein bisschen wehtun soll, ja gar kein schlechter Anfang. Ariane (Sophie Marceau) und Hugo (Dany Boon) sind schon so lange verheiratet, dass sich Routine eingestellt hat. Sie leben im klassischen Versorgermodell: Hugo ist Chef einer Firma für Baumaschinen und sieht seine Kinder nahezu nur schlafend, während Ariane sich um alles zu Hause kümmert und nebenher mit einer Freundin zusammen Schmuck verkauft.

Aber sie hat eigentlich schon länger die Nase voll von diesem Leben, und als sie Hugo nach einer besonders unangenehmen Situation androht, ihn mit den Kindern zu verlassen, willigt er schließlich in eine Abmachung ein: Für ein Jahr wollen sie beide ihre Plätze tauschen, sie wird die Firma schmeißen und er den Haushalt.

Auf der anderen Seite des Bettes

Ein solcher Rollentausch ist natürlich für das Komödiengenre ein gefundenes Fressen und böte reichlich Gelegenheit für Situationen, in denen sich die Figuren möglichst tölpelhaft anstellen. Bei derlei Gags hält sich Auf der anderen Seite des Bettes (De l’autre côté du lit) allerdings zurück: Der Humor des Films ist feinsinniger und auf ein anderes Ziel gerichtet.

Regisseurin Pascale Pouzadoux geht es in ihrem zweiten Langfilm um die Dynamik zwischen den Eheleuten, um den Effekt, den der Rollentausch auslöst: Denn nach dem Willen des Drehbuchs (von Pouzadoux und Grégoire Vigneron nach einem Roman von Alix Girod de l’Ain verfasst) geht er zugleich mit einer Anpassung des Verhaltens einher. Oberflächlich wird das inszeniert als Inversion der Geschlechter: Ändert eure Natur, flüstert eine andere Figur den beiden ein, und der Rest wird folgen. So entdeckt sie in aggressivem und selbstbewusstem Verhandeln „den Mann“ in sich, er wird ganz zartfühlend und emotional – dazu passt, dass sie nicht nur die Betthälften tauschen, sondern auch die Autos, so dass Hugo nun in einem rosa Kleinwagen umherflitzt.

Auf der anderen Seite des Bettes

Aber Auf der anderen Seite des Bettes ist klüger, als die Oberfläche zeigt, und fällt keineswegs auf ein Geschlechterverständnis hinein, das Frauen und Männern feste, angeblich biologisch begründete Eigenschaften und Aufgaben zuordnet – deutsche Komödien kommen über derlei Einfältigkeiten leider oft nicht hinaus. Im Gegenteil, Hugo und Ariane fühlen sich bald sehr wohl und sind sehr erfolgreich in den getauschten Positionen. Probleme gibt es aber trotzdem, wo käme sonst das komödiantische Potenzial her.

Und am Ende geht natürlich alles gut aus. Um das sicherzustellen, wird die anfangs eingeführte Traumwelt nie verlassen: Im Haus der Marciacs ist alles stets sauber und aufgeräumt, allenfalls das Kinderzimmer versprüht etwas Leben, und weder Hugo noch Ariane scheinen echte Schwierigkeiten zu haben, die Hausarbeit in den Griff zu bekommen. Wenn einmal erschöpft der Korb mit der Bügelwäsche umgeschmissen wird, dann geschieht das eher aus anderen Gründen als dem harten Alltag daheim; allenfalls das morgendliche Aufstehen fällt Hausfrau wie später Hausmann schwer.

Auf der anderen Seite des Bettes

So entsteht nicht einmal annähernd ein überzeugendes Bild familiärer Reproduktionsarbeit, wie das die Soziologen nennen. Das wird nur dadurch ein Problem für Auf der anderen Seite des Bettes – die Komödie ist schließlich nicht dem Realismus verpflichtet –, weil es Konflikte und Entwicklungen, die die Protagonisten durchlaufen, nahezu vollständig unglaubwürdig macht. Statt hier genauer hinzusehen, entscheidet sich Pouzadoux dafür, die Auseinandersetzungen des Ehepaares zuletzt in einem Eifersuchtsdrama eskalieren und sich auflösen zu lassen – über ihre eigentlichen Schwierigkeiten reden sie nicht.

Den Hauptdarstellern ist das nicht anzulasten; Dany Boon, der seit Willkommen bei den Sch’tis (Bienvenue chez les Ch'tis, 2008) auch über die Grenzen von Frankreich hinaus als Komiker bekannt ist, entwickelt mit Sophie Marceau zusammen eine sehr überzeugende Beziehungsdynamik, die gerade in der von beiden gezeigten Überzeichnung viel an Komik gewinnt. Und überhaupt ist es angenehm, eine romantische Komödie zu sehen, die nicht mit der Eheschließung oder deren Anbahnung aufhört, sondern erst danach ansetzt – im Verlauf der Ehe nur etwas früher als die minimal später entstandene Post-Scheidungsromanze Wenn Liebe so einfach wäre (It’s Complicated, 2009). Offenbar ist den Produktionsfirmen nicht entgangen, dass es auch zunehmend ein reiferes Publikum für romantische Komödien gibt, das nicht mit den tapsigen Schritten von Teenagern gelangweilt werden will.

Einen Moment gibt es übrigens in Auf der anderen Seite des Bettes, in dem die Realität der Welt wohl eigentlich ungewollt in den Film einbricht: Da berichten Hugo und Ariane ihren Kindern von ihrem geplanten Rollentausch, und diese reagieren völlig unverständig: Es sei doch nicht Aufgabe von Eltern, neue Erfahrungen zu machen und sich zu verändern. Ob sie sich nicht lieber scheiden lassen wollten? Dass Pouzadoux einen solchen Moment unterschwelliger Wahrheit zugelassen hat, in dem die Traurigkeit der Welt in das unernste Filmleben einbricht, hebt ihren Film aus der Masse der schnulzigen Liebeskomödien heraus.

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Kommentare


Pete

Kinoking Knut Elstermann hat den Film komplett verrissen: Humor zu platt, schauspielerische Leistung schlecht. Schade eigentlich, denn die Filmidee ist gut!






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