Art Girls – Kritik

Eine Karikatur der Berliner Kunstwelt mit Roland-Emmerich-Moment.

Art Girls 01

Zu Beginn stellt sich Frust ein. Bitte nicht noch eine die Berliner Kunstwelt hochnehmende Karikatur! Doch Robert Bramkamp wendet sich schnell ab von einer faden, nur die eigene Kultiviertheit präsentierenden Bloßstellung der sich ohne Zweifel bisweilen absurd ausnehmenden Kämpfe des künstlerischen Individuums in der Hauptstadtblase. Stattdessen fährt er mit einer spielerischen Breitseite auf, die in einen Katastrophenfilm mündet und in ihrem Überschwang doch irgendwie beeindruckt – eine toll animierte Actionszene, bei der ein aus Baugerüsten bestehendes Monster in bester King Kong-Manier den Berliner Funkturm emporklettert und diesen zum Einsturz bringt ist mein Roland-Emmerich-Erlebnis des Festivals. Bramkamps Thema ist die räumliche Entgrenzung der Kunst, ihr Übertritt in die „echte“ Welt, das „wirkliche“ Leben außerhalb der zu Beginn so ironisch überzeichneten Galeriewelt. „Kunst, die wirkt“, so der Wunsch der Hauptfigur Nikita Neufeld, die sich zusammen mit ihrer Künstlerfreundin Una Queens an einer von einer BioTech-Firma finanzierten Ausstellung beteiligt. Diese missbrauchen die Wissenschaftler-Zwillinge Peter und Laurens Maturana (Peter Lohmeyer) für eine Art Gleichschaltungs-Experiment, sowohl von Mensch und Mensch als auch von Kunstwelt und Realität (die technischen Hintergründe des Labels „BioSync“ bleiben verworren, es wird aber fleißig bestrahlt, gemessen und destabilisiert).

Art Girls - Plakat

Als das Ganze aus dem Ruder läuft, steht plötzlich die Katastrophenkunst Queens gegen das stabilisierende Wir-Gefühl der Arbeiten Neufelds, die zum „neuen Neo“ (Matrix, die vielfachen Filmanspielungen sind zumeist wenig subtil) werden muss. Die Fragen nach der Grenze, der Messbarkeit und dem Einfluss von Kunst, die Art Girls aufnimmt, sind natürlich keine neuen, und über eine Länge von zwei Stunden bringt mich das collagenhafte Dauerfeuer – Bramkamp spielt mit allerlei veraltet wirkenden Bild-im-Bild-Videotricks, kommt über Dinge wie Diaprojektionen und Tarotkarten aber auch immer wieder zu analogen Bild-Ästhetiken zurück – mitunter schon auf die Palme. Trotzdem ist gerade gegen Ende der Versuch einer filmischen Umsetzung aktueller politisch-philosophischer Überlegungen zu so etwas wie einer Wir-Intelligenz, die sich (auch im Film) abgrenzt von individualpsychologischen Konzepten, interessant. Und auch die Einbettung des ganzen Films in ein „cross-mediales“ Projekt, wie es auf der Seite des Instituts Forschender Film Hamburg heißt, klingt erst einmal nicht unspannend, unter anderem hatte die (fiktionale) Medienkünstlerin Nikita Neufeld 2011 auch schon eine Ausstellung in der Kunsthalle Göppingen.

Die Besprechung ist im Rahmen des Festivals Achtung Berlin 2014 entstanden. 

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