Alpha Dog – Kritik

Die Entführung eines Jungen durch nur wenig ältere Drogendealer in den reichen Vororten von Los Angeles geht auf eine wahre Geschichte zurück. Nick Cassavetes hat aus der sinnlosen Tragödie, an deren Ende ein Mord steht, ein ambivalentes Jugendporträt geformt.

Alpha Dog

Der Fingerzeig ist grob und direkt, wie der ganze Film: Wenn Johnny Truelove (Emile Hirsch) gegen Ende vor der Polizei flüchten muss und nach Südamerika abtaucht, dann dröhnt Eminem aus dem Score, mit „Say Good-bye to Hollywood“. Hollywood, genauer Jesse James Hollywood, heißt der Mann, auf dessen Geschichte Alpha Dog beruht. Ein jugendlicher Drogendealer in den Vororten von L.A., der in den späten neunziger Jahren sich und seinen Mittelklasse-Freunden ein Leben in Saus und Braus finanzieren konnte. Als er 2005 gefasst wurde, hatte Nick Cassavetes bereits mit der Arbeit an seinem Film begonnen. Die Verhaftung musste nachträglich integriert werden. Die Schnelligkeit, mit der hier eine Geschichte aus den Zeitungsspalten ins Kino kommt, dürfte einmalig sein.

Cassavetes (Wie ein einziger Tag, The Notebook, 2004; John Q - Verzweifelte Wut, John Q, 2002) hat Details und Namen verfremdet, aber er macht keinen Hehl daraus, dass er Alpha Dog als Nachahmung der Wirklichkeit verstanden wissen will. Der Handlungsort jeder Szene wird semidokumentarisch mit einem Schriftzug vorgestellt, Datum und Uhrzeit geben dem Handlungsverlauf die Anmutung von Akten der Staatsanwaltschaft. Dazu trägt auch bei, dass jede neue Figur ebenfalls mit einem Schriftzug als durchnummerierter späterer Zeuge im Prozess versehen wird. Als reichten diese Elemente noch nicht, gibt es immer wieder einen völlig unmotivierten Einsatz von Split Screens, die jedoch nicht - wie in der Fernsehserie 24 (seit 2001) - Gleichzeitigkeit an verschiedenen Orten ausdrücken, sondern meist eine schlichte Doppelung sind.

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Die unbefriedigende Struktur lenkt von manchen positiven Überraschungen ab. Popstar Justin Timberlake etwa, der in seiner ersten großen Filmrolle mühelos die Leinwand beherrscht. Oder Ben Foster, der schon als schwieriger Künstler-Freund von Claire Fisher in der TV-Serie Six Feet Under aufgefallen war, und hier eine physisch beängstigende Vorstellung gibt. Er spielt Jake, einen Neonazi-Schläger, der Schulden beim Dealer Johnny hat. Johnny orientiert seinen Lebensstil an schwarzen Hip-Hop-Videos und hat ein Filmposter von Al Pacino als Scarface in seinem Haus hängen. Um Jake zur Zahlung zu bewegen, entführen Johnny und ein paar Kumpel in einer spontanen Aktion dessen jüngeren Bruder Zack (Anton Yelchin) - ohne zu wissen, was sie eigentlich mit ihm anfangen sollen. Dem schüchternen Zack aber, der sich gerade in einer Phase der Rebellion gegen seine Eltern befindet, gefällt das Abenteuer, das sich für ihn als endlose Party darstellt: Er kann rauchen, Alkohol trinken, den coolen Jungs zusehen und es gibt sogar Mädchen, die sich für den „stolen boy“ interessieren. Zu seinem Geisel-Verwöhn-Programm gehört unter anderem, von zwei hübschen Girls in einem Swimmingpool entjungfert zu werden.

Diese exzessive Form von Stockholm-Syndrom ist geradezu schmerzhaft anzuschauen, besonders wenn man die vollständige Abwesenheit von Einsicht auf Seiten der Entführer in Betracht zieht. Die Bande von verzogenen Kindern aus besserem Hause konsumiert selbst jede Menge von dem Zeug, das sie verkauft und hat eine dementsprechend vernebelte Wahrnehmung. Schritt für Schritt führt die Geschichte so in eine sinnlose Tragödie, zu deren Verhinderung nur jemand laut genug „Stopp“ hätte schreien müssen. Das tut aber niemand, auch nicht die Erwachsenen, die sich aus dieser Welt ohnehin heraushalten. Den Jugendlichen ist eine als Liberalität maskierte Gleichgültigkeit seitens ihrer Eltern, gepaart mit materieller Sorglosigkeit, zum Verhängnis geworden. Cassavetes selbst will seinen Film als Darstellung schlechter Erziehung verstanden wissen, und meint damit wohl eine Szene wie jene, in der eine Mutter das sich anbahnende Problemgespräch mit der Tochter abwürgt, weil sie lieber mit ihrem Mann schlafen will.

Alpha Dog

Einzig Frankie (Timberlake), wie die meisten anderen ein wild tätowierter Möchtegern-Gangster, scheint über einen halbwegs unverstellten Blick auf die Zustände zu verfügen, und die Nähe, die sich zwischen ihm und dem späteren Mordopfer entwickelt, strahlt sogar so etwas wie männliche Zärtlichkeit aus. Aber auch Frankie, der zunächst noch tönte „I got it under control“, wird von seinen Freunden und den angeblichen Zwängen mitgerissen. Die Abbildung einer spezifischen Form von Jugendkultur, zu der in diesem Fall dazugehört, dass Mädchen sich nichts daraus machen, von ihren Freunden ständig als „bitch“ beschimpft zu werden, war am vielleicht aufregendsten bisher in Larry Clarks Kids (1995) zu sehen, der ein ähnliches dokumentarisches Ambiente erreichte, aber ohne Spielereien wie Mockumentary und präzise Ortsangaben. Auch eine sexuell aufgeladene Swimmingpool-Szene gab es in Kids. Die Geschichte des von fast Gleichaltrigen entführten und ermordeten Jungen erinnert auch entfernt an eine andere wahre Begebenheit, an die von Marinus Schöberl, der vor drei Jahren in Brandenburg über Stunden gedemütigt und schließlich getötet wurde. Auch dazu gibt es einen Film, Der Kick (2006) von Andres Veiel, aber ein Vergleich verbietet sich fast, weil dessen brechtsche Herangehensweise meilenweit entfernt ist von dem, was Cassavetes versucht.

Alpha Dog

Mit seinem wummernden Soundtrack und dem machohaften Gebaren seiner Figuren entzieht er sich einer kühlen Analyse zugunsten von Schauwerten. Die lustvoll in Szene gesetzten Muskelspiele und physisch wie psychisch brutalen Riten der Jugendlichen überdecken das soziale Drama, das Alpha Dog hätte werden können.

Geradezu hilflos wirkt der Versuch, mit der eingangs beschriebenen Struktur des Films eine Art neutrale Perspektive zu schaffen. Das wird besonders deutlich, wenn verschiedene gespielte Interviews gezeigt werden, die eine Anmutung von Reportage vermitteln sollen. Wo Bruce Willis als Johnnys Vater noch mit Gusto den selbstgerechten Kleinkriminellen geben kann, wird Sharon Stone, die die Mutter des ermordeten Jungen spielt, am Ende unter einer lächerlich dicken Schicht Schminke und Gummi versteckt. Darin ist das Verhältnis des Films zu seiner der Wirklichkeit abgerungenen Geschichte gut getroffen: Er bearbeitet sein Material wie ein Stück Gummi, aber es wird nie eine Form daraus.

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Kommentare


jeannie19

Alpha Dog lässt sich von seitens meiner Wertung als typische "Feature Story" bezeichnen. Eine Ergänzung zur Welt der reichen und verwöhnten Jugendlichen, die nicht zu wissen verstehen, was sie mit ihrer Zeit und ihrem vielen Geld anfangen sollen. Dennoch auch unter dem besondern Reiz, den Film vor Verhandlungsbeginn zu veröffentlichen und somit eine kleine Provokation der Öffentlichkeit auszulösen. Der "Stab" der Geschichte reizte mich erst diesen Film anzusehen und ich muss zugeben, dass mich Justin Timberlake nach einer kurzen Aufwärmphase überraschend überzeugen konnte. Obwohl ich mich anfangs noch über den etwas zu übertrieben gewollt klingenden Straßenjargon mokiert habe, akzeptierte ich nach einiger Gewöhnung die Ausdrucksweise des Streifens. Die außergewöhnliche Besetzung machte den Film jedoch nicht wirklich zu einem wahrhaft sehenswerten Exemplar. Mir fehlte nichtsdestotrotz der Hollywoodflair des Films. Tatsachenberichte kann man auch mit mehr subjektiv angehauchten Effekten präsentieren, ohne das der Film wie eine etwas spannender gestaltete Dokumentation wirkt. "Alpha Dog" erschien mir zu stark nach dem brechtschem Prinzip geformt, welches dem Zuschauer die Handlung verfremdet darstellen will, damit er sich nicht zu sehr emotional auf sie einlässt, ihn auffordert eine intellektuellere Sichtweise zu gebrauchen. Emotionsgeladenes Kino wäre allerdings die effektive Lösung gewesen, um dem Zuschauer das Missachten der moralischen Grundsätze nahezubringen und ihn nicht allzu überrascht mit dem Ausgang der Story stehen zu lassen.


Bruce Lee

ich machs kurz. Eine wahre Geschichte. Gute darsteller. Ein Klasse Timberlake. Sehr Unterhaltsam. Bissen Erotic. Eine gute Kampfszene. Ein guter Film.






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