A Scanner Darkly - Der dunkle Schirm – Kritik

Paranoia, Drogen und der schlussendliche Verlust der Realitätswahrnehmung ergeben in A Scanner Darkly ein dystopisches Bild einer Zukunft, in der die Suche nach dem Glück für viele in einer tödlichen Sackgasse endet.

A Scanner Darkly - Der dunkle Schirm

Wie die Mehrzahl der Autoren und Filmemacher, deren Werk in Genreliteratur und -filmen verwurzelt ist, betrachtete man auch Philip K. Dick Zeit seines Lebens überwiegend als Science-Fiction-Autor. Seine Reputation beschränkte sich auf Pulp-Geschichten, angesiedelt in fernen Galaxien und Paralleluniversen. Von seinen ernsthaften Themen die sich dahinter versteckten und dem permanenten Hinterfragen der amerikanischen Gesellschaft nahm die Mehrzahl der Kritik dagegen keine Notiz. Heute – 25 Jahre nach seinem Tod – hat sich die Wahrnehmung seines Schaffens grundlegend geändert. Philip K. Dick, 1928 geboren, gehört zu den wichtigsten Sci-Fi-Autoren der Vereinigten Staaten. Sein Hauptwerk beschreibt eine paranoide Welt, die aus den Fugen geraten ist und die darin enthaltene Gesellschaftskritik ist nach wie vor von großer Relevanz.

Die nunmehr sieben Hollywood-Filme, welche auf seinen Geschichten basieren, geben ziemlich genau seine Reputation wieder, die zwischen Pulp- und seriösem Autor pendelt. Total Recall – Die totale Erinnerung (Total Recall, 1990), Screamers – Tödliche Schreie (Screamers, 1996), Impostor (2002), Paycheck – Die Abrechnung (Paycheck, 2003) oder zum großen Teil auch Minority Report (2002) stehen für den Sci-Fi-Autor. Die verzwickten Ausgangslagen dienen dabei überwiegend als Vorwand für möglichst spektakuläre Action-Sequenzen, oder sie werden, wie im Falle von Minority Report, in einem lauen Finale abgeschwächt. Der Blade Runner (Blade Runner, 1982) und Richard Linklaters A Scanner Darkly - Der dunkle Schirm (A Scanner Darkly2006) verzichten auf elaborierte Action-Einlagen und heben dagegen die ernsthaften Themen hervor: Das Weltbild, welches diese Werke vermitteln, ist geprägt von Zweifel und Paranoia, Zeitkonstanten geraten ins Wanken.

A Scanner Darkly - Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm (A Scanner darkly) aus dem Jahr 1977 stellt einen Höhepunkt in Dicks Schaffen dar. Darin spiegelt er nicht nur die Gegenkultur der sechziger und siebziger Jahre wider, sondern liefert gleichzeitig ein vernichtendes Bild einer Gesellschaft ab, die von innen heraus zu Grunde geht.

Um möglichst gut die Drogenzirkel infiltrieren zu können, ist der verdeckte Ermittler Bob Arctor (Keanu Reeves) selber zu einem Drogenabhängigen geworden. Das Gehirn splittende Substance D stellt in Dicks Zukunftsvision die gefährlichste Droge dar, wobei die Polizei weder deren Produktion, noch deren Verbreitung zu unterbinden vermag. Damit Bobs Identität innerhalb der Polizei nicht durch Spione aufgedeckt werden kann, trägt er beim Betreten der Drogenbehörde grundsätzlich einen Ganzkörperanzug, der seine Identifizierung verhindert. Selbst seine Vorgesetzten wissen nicht, wer Fred, so sein Polizei interner Codename, in Wirklichkeit ist. Fred/Bob machen jedoch nicht nur die immer stärker werdenden Auswirkungen seiner Sucht Schwierigkeiten, sondern auch die Tatsache, dass sein neuer Auftrag ausgerechnet darin besteht, Bob Arctor zu überwachen.

Wie bereits in Waking Life (2002) greift Richard Linklater in A Scanner Darkly auf das Rotoscope-Verfahren zurück, bei dem zuerst der gesamte Film herkömmlich aufgenommen wird, bevor er in einem zweiten Schritt Bild für Bild am Computer übermalt wird. Das Resultat ist äußerst beeindruckend. Da jedes animierte Bild seine Entsprechung in einem tatsächlich gefilmten hat, wirken besonders die Bewegungen der Figuren trotz expressiv animierten Bildern überaus realitätsnah. Der Widerspruch der sich dabei aus dem Animationsstil und den real gefilmten Bewegungen der Figuren und Orte ergibt, schließt direkt an eine von Dicks dringendsten Fragen an: Was ist real und woran erkenne ich die Realität?

A Scanner Darkly - Der dunkle Schirm

Richard Linklater gelingt mit A Scanner Darkly die bisher originalgetreueste und konsequenteste Verfilmung eines Philip K. Dick Buches, womit er gleichzeitig seine Vielseitigkeit unterstreicht. Dabei zeichnet sich sein Oeuvre durchaus durch immer wiederkehrende Elemente aus, hier etwa die dominante Rolle von Dialogen ebenso wie die abneigende Haltung der Protagonisten gegenüber ausbeuterischen Großunternehmen.

Der größte Verdienst Linklaters ist es jedoch, aus dem Buch die heikle Balance zwischen Komik und Tragik perfekt auf die Leinwand zu übertragen. Philip K. Dick beschrieb Der dunkle Schirm als sein lustigstes und zugleich tragischstes Buch. Eine Szene, in der die Protagonisten versuchen, herauszufinden, ob ein Fahrrad nun 21 oder 10 Gänge hat – bei drei Gängen vorne und sieben hinten – ist zwar ausgesprochen amüsant. Darin verbirgt sich aber gleichzeitig eine Tragik, die schließlich in einem für die Protagonisten grausamen Finale endet.

Sowohl das Buch als auch der Film werden mit einem bewegenden Nachwort von Philip K. Dick beschlossen: „This has been a novel about some people who were punished entirely too much for what they did. They wanted to have a good time, but they were like children playing in the street; they could see one after another of them being killed…“ Richard Linklater vermittelt dieses schmerzhafte Gefühl meisterhaft in A Scanner Darkly, und ihm gelingt eine Adaption, an der sich zukünftige Philip K. Dick-Verfilmungen werden messen müssen.

 

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Kommentare


Rob

Toller Film über eine von Drogen bestimmte Zukunft die letztlich in den paranoiden Wahn führt. Klasse Verfilmung Dicks gleichnamigen Romans.






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