Berlinale 2017

Politics, Instruction Manual

Lehrjahre einer Partei: Der Dokumentarfilm über Podemos stürzt sich in den Widerspruch, der das Wesen jeder politischen Organisation ausmacht, und ist dann doch nur gelangweilt von der kleinteiligen Mechanik des Machterwerbs. Filmkritik 

I Am Not Your Negro

Worte aus Wut und Hoffnung: In Zeiten wieder aufflammender Rassenkonflikte in den USA wendet sich Raoul Pecks I Am Not Your Negro zurück zum Schaffen James Baldwins. Und findet eine Stimme, die Amerikas Wesen erkennt. Filmkritik 

Helle Nächte

Die Leere am eigenen Leib spüren. Thomas Arslan schickt ein voneinander entfremdetes Vater-Sohn-Gespann nach Norwegen. Es hätte ein herzerwärmendes Road Movie werden können. Filmkritik 

The Party

Eher Tonabnahme als Analyse. Sally Potter lässt das Chaos in der britischen Elite klirren – ohne dabei groß mit Antworten klugzuscheißen. Filmkritik 

The Theatre of Disappearance

Das Fremde im Blick: Während Adrián Villar Rojas wie ein Außerirdischer die Welt erkundet, können wir einem Film dabei zusehen, wie er ein Bewusstsein entwickelt. Filmkritik 

somniloquies

Dem Unbewussten bei der Arbeit zusehen: Mit ihrem neuen Film haben sich Verena Paravel und Lucien Castaing-Taylor an einem filmischen Rohrschachtest versucht. Filmkritik 

Menashe

Universelle Sackgasse: Ein paar Gedanken anlässlich eines Films, der sich ein bisschen zu leicht charakterisieren lässt. Filmkritik 

Eine fantastische Frau – Una Mujer Fantástica

Nichts Neues in den Culture Wars: Sebastián Lelio verfolgt den Kampf einer transsexuellen Frau um Würde mit dem handelsüblichen filmischen Vokabular. Das kann nicht nur zu einem ästhetischen, sondern auch zu einem politischen Problem werden. Filmkritik 

Die Spur

Das sachte Plätschern des Unausweichlichen. Die Spur inszeniert die Auflehnung gegen eine feudale Jagdgesellschaft als Sonntagskrimi ohne Ungewissheiten und Geheimnisse. Filmkritik 

Meine glückliche Familie

Von einer, die auszog, ein Individuum zu sein: Nana Ekvtimishvili und Simon Groß widmen sich nach Die langen hellen Tage wieder der Geschlechterungleichheit und finden Bilder dafür in der, nun ja, Ungleichheit. Filmkritik 

El mar la mar

Weltpolitik aus der Ameisenperspektive: In körnigen Bildern aus der Wüste zwischen Mexiko und den USA spürt El mar la mar modernen Migrationsbewegungen nach – und ringt dabei auch immer mit den Grenzen der Darstellungsfähigkeiten des Films. Filmkritik 

Casting

VoD: Verharren im Halbgeformten. Casting erkundet das dauerhafte Aufschieben einer Entscheidung als letzte Quelle der Eigenständigkeit und Gestaltungsmacht, zieht sich dabei aber immer wieder in die eigene Ungreifbarkeit zurück. Filmkritik 

2+2=22 [The Alphabet]

Wir singen keine Melodien, wir singen A, B, C. Mit seinem Musikfilm über eine Aufnahmesession der Band Kreidler wandelt Heinz Emigholz auf den Spuren von Godard. Am Ende widmet er sich aber doch wieder der Architektur. Filmkritik 

Wilde Maus

Als werde die österreichische Komödie unter die Dusche geschickt. In Josef Haders Regiedebüt sieht man zwar den Prater zu wenig, dafür aber einen Film, in dem es erstaunlicherweise ums Ganze geht. Filmkritik 

Félicité

Rastlos in Kinshasa: Alain Gomis treibt seinen Film durch das kongolesische Hauptstadtchaos, zwingt ihn durch mehrere Häutungen und gönnt ihm am Ende unverhoffte Ruhe.  Filmkritik 

T2: Trainspotting 2

Danny Boyles T2-Trainspotting bringt die angestaubte Ästhetik seines Vorgängers zum Tanzen, indem er uns die alten Melodien vorpfeift. Dabei nimmt er auf unverhoffte Weise von der Europäischen Union Abschied. Filmkritik 

Tiger Girl

Rein in die Uniformen, raus aus den Uniformen. Jakob Lass’ zweiten Fogma-Film durchzieht eine kriminelle Energie, die seinen Style ein bisschen vor dem Klischee bewahrt. Filmkritik 

The Dinner

Eine Runde Familienpolitik: Hysterisch lachend lässt Oren Moverman sein weißes Bürgertum vom Dinnertable aufstehen, um in der Vergangenheit zu bohren, Gesetze auf den Weg zu bringen und Hate Crimes zu vertuschen. Filmkritik 

Körper und Seele

Dissonanzen im Empfinden. In seinen besten Momenten fragt Ildikó Enyedis Film, ob wir nicht uns viel eher von den Tieren aus denken müssten als die Tiere von uns aus. Filmkritik 

Close-Knit

Berlinale 2016 – Panorama: Alle finden ihr Glück, und das ist auch gut so: Naoko Ogigamis Film um eine etwas andere Mutter-Tochter-Beziehung ist schamlos gut gemeint und schämt sich dafür auch gar nicht. Filmkritik