Streifzüge durch Fassbinders Werk (4): Künstler und Lebensentwürfe

Satansbraten

Die Protagonisten in Fassbinders Filmen sind meist Kriminelle oder Kleinbürger, die an die engen Grenzen ihrer Welt stoßen. An Künstlern als Figuren zeigte sich der Regisseur dagegen kaum interessiert. Dennoch gibt es zwei Filme, in denen er sich ausführlich mit dem Wahnsinn des Künstlerlebens auseinandersetzt, in dem stark selbstreflexiven Warnung vor einer heiligen Nutte (1971) und in der hysterischen Satire Satansbraten (1976), seiner einzigen wirklichen Komödie.

Warnung vor einer heiligen Nutte erzählt von den chaotischen Zuständen an einem Filmset in Spanien, mit Fassbinder als Aufnahmeleiter und Lou Castel als cholerischem Regisseur, der offensichtlich Charakterzüge von Fassbinder trägt. Angeblich war der Film eine Verarbeitung der katastrophalen Drehbedingungen bei Whity (1971), der direkt zuvor entstand. Während Warnung vor einer heiligen Nutte von destruktiver Gruppendynamik erzählt, ist Satansbraten ganz auf das übermächtige Ego seines Protagonisten zugeschnitten, einem erfolglosen Schriftsteller, der sich vom gefeierten Dichter der 68er-Bewegung zum reaktionären Stefan-George-Imitator wandelt. Neben einer schauspielerischen Extremleistung von dem häufig unterschätzten Kurt Raab, lässt sich in Satansbraten auch gut beobachten, wie Fassbinders Blick auf seine Figuren gegen Ende der Karriere zunehmend kühler wurde. Die Protagonisten beider Filme müssen ihren Lebensentwurf in Frage stellen und die Ideologie, mit der sie als Künstler und Mensch ans Werk gehen. Hinter der Ecke lauern stets Gefahr und Verlockung einer angepassten, biederenden Existenz.

Zu den Kritiken:
Warnung von einer heiligen Nutte
Satansbraten

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