Sisi & Ich – Im Berlinale-Fieber
Erste Eindrücke zu Filmen aus dem Programm der Berlinale: Heute über Frauke Finsterwalders neuesten Vertreter des Sisi-Revivals.

Eine sehr gegenwärtige Kaiserin: Frauke Finsterwalders Sisi & Ich, der in der Panorama-Sektion der Berlinale läuft, ist der jüngste Vertreter einer Reihe von Sisi-Adaptionen, die innerhalb kürzester Zeit auf den Markt gekommen sind. Vielleicht lässt sich das Phänomen als eine Antwort vom Festland auf das Interesse des britischen Films an Prinzessin Diana verstehen, vielleicht aber auch in einen anderen, größeren Kontext stellen: Ähnlich der 2023er Netflix-Doku Pamela, a Love Story oder dem 2020er Film This is Paris bemühen sich die Sisi-Filme um die Rehabilitation des It-Girls, richten einen von aktuellen Diskursen angereicherten Blick auf jene berühmte Frauen, denen oft zugleich die Eigenmacht abgesprochen und eine Mitschuld an ihrem eigenen Unglück gegeben wird. Bei einer Figur wie Elisabeth von Österreich-Ungarn, die seit über hundert Jahren tot ist, stellt sich das natürlich schwieriger heraus. In der Geschichte von Sisi drückt sich damit in jeder Neuinterpretation auch der Geist unserer Gegenwart aus.
Buddy-Komödie über Frauenfreundschaft

Finsterwalder erzählt ihre Geschichte aus der Perspektive der Gräfin Irma (Sandra Hüller), die von ihrer herrischen Mutter nach Wien geschickt wird, um einer alternden Kaiserin Elisabeth (Susanne Wolff) als Zofe zu dienen. Im wachsenden Alter wird die Kaiserin launisch und unnahbar; ihre Bediensteten wechselt sie wie die Unterwäsche. „Licht an, Licht aus. Rein, Raus“, beschreibt Irma das in ihrem Tagebuch. Es dauert aber nicht lange, bis zwischen der verklemmten, aber tugendhaften Irma und der kantigen, aber hedonistischen Elisabeth ein Funke der Freundschaft entflammt.
Sisi & Ich macht in diesen ersten Momenten durchaus Spaß. Gefilmt auf kontrastigem Analogfilm und unterlegt von moderner Pop- und Rockmusik, versetzt Finsterwalder Sisi und Irma in eine bunte Buddy-Komödie über eine erfrischend jugendliche Frauenfreundschaft. Der Film bedient sich an populären Bildern – die verschleierte Sisi auf den Dächern ihres Anwesens wie der Geist aus The Innocents (1961). Aber was als gutgelaunter Camp anfängt, versinkt schon bald unter dem Gewicht seiner Ambitionen. Sisi & Ich möchte mehr sein: ein Film über psychische Krankheiten, über häusliche Gewalt – und nicht zuletzt über Obsession.
Fluff gegen Drama

Dafür fehlt es ihm aber an entscheidenden Dimensionen. Sisi stellt sich einerseits als ausschweifendes Manic Pixie Dream Girl heraus; wild folgt sie ihren Impulsen und zieht die verklemmte Irma mit sich. Finsterwalder will sie aber andererseits als wankelmütige, bipolare Persönlichkeit zeigen; nur ist die Figur dafür – so wie alle Figuren – viel zu opak angelegt. Emotionen und Beziehungen drücken sich in poppigen, aber aufgesetzten Gesten aus – ein Kichern im Badeschaum in den guten Hochs, ein Würgen und Schnarren in den Tiefs. Sisi und Ich will postmoderner Coming-of-Age-Fluff und vielschichtiges Drama zugleich sein. Ersteres generiert zwar schöne Bilder; für zweiteres findet der Film aber weder auf verbaler noch auf bildlicher Ebene das richtige Vokabular. So hat der Film jenseits seiner schrillen Figuren eher wenig zu erzählen. Es ist schöner Fluff, aber am Ende eben nur Fluff.
Kommentare zu „Sisi & Ich – Im Berlinale-Fieber“
Maxi
Elisabeth von Hohenzollern war jemand anderes, übrigens.
Till
Danke, Fehler ist korrigiert!