Afrikamera 2015
Schlaglichter auf ein unzureichend repräsentiertes Kino. Vom 10. bis zum 15. November zeigt das Festival Afrikamera eine Auswahl zeitgenössischer afrikanischer Filme.

Während das afrikanische Kino in Deutschland (und auch den meisten anderen westlichen Ländern) zu einem ewigen Schattendasein verdammt scheint, bietet sich auf dem 2007 gegründeten Festival Afrikamera jedes Jahr die Gelegenheit, einige aktuelle Filme des Kontinents zu sehen. Auf dem Programm stehen dabei keine Mainstreamfilme, sondern eine Auswahl an Produktionen, die zuvor auf einem der großen afrikanischen Festivals in Ruanda, Südafrika oder Marokko liefen. Das bedeutet jedoch nicht, dass es bei Afrikamera keine Genrefilme zu sehen gibt. Interessanterweise hat ausgerechnet Sékou Traoré, der zuvor als Produktionsleiter für die Cannes-Stammgäste Abderrahmane Sissako und Mahamat-Saleh Haroun tätig war und dem man aus diesem Grund eher im Bereich des Arthouse vermutet hätte, mit L’oeil du cyclone einen Film gedreht, der sein politisch brisantes Thema im Gewand eines dicht inszenierten Thrillers präsentiert. Eine junge ambitionierte Anwältin soll darin einen gefürchteten Rebellenführer verteidigen und muss dafür sein Vertrauen gewinnen. Das von Unruhen erschütterte Land, um das es dabei geht, bleibt ungenannt und übernimmt dadurch auch eine allgemeingültige Rolle.

Auch den Film selbst kann man als exemplarisch sehen. Da in Afrika zwar eine lebendige Filmindustrie wie Nollywood existiert, es ansonsten aber kaum Möglichkeiten zur Förderung oder professionellen Filmausbildung gibt, sind aufwändigere Produktionen meist auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen. Schon der malische Regisseur Souleymane Cissé betonte jedoch, dass sich solche Kooperationen keineswegs negativ auf den Film auswirken müssen. Den Vorwurf, dass zum Beispiel französisches Geld einen mauretanischen Film in seiner Authentizität verwässert, hört man laut Cissé vor allem im Westen. Das Festival vereint beides, ausschließlich afrikanische ebenso wie internationale Produktionen. Bei Letzteren ist vor allem Philippe Lacôtes Run zu empfehlen, der von einer elliptischen und surrealen Reise durch die Elfenbeinküste erzählt, die den Zuschauer mit ihrer visuellen Kraft in den Bann schlägt.

Ein begrüßenswerter Ansatz des Festivals ist es, Afrika nicht nur als Synonym für politische und soziale Katastrophen zu verwenden. Diese werden zwar nicht verschwiegen – so behandelt etwa L’Afrique en morceaux, La Tragédie des Grands Lacs den Genozid in Ruanda, während L’homme qui répare les femmes einen kongolesischen Gynäkologen porträtiert, der sich gegen sexuelle Gewalt einsetzt –, jedoch ausbalanciert mit Filmen, die sich nicht in erster Linie auf die Wunden der verschiedenen Regionen konzentrieren. In dieser Hinsicht ist ein Kurzfilmprogramm mit dem Titel „Laugh is Possible in African Cinema“ durchaus als Gegenmittel für die Pathologisierung des Kontinents zu verstehen.
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