Wrath – Kritik

Wolf Creek und Red Hill überraschten in den vergangenen Jahre als gelungene Genrebeiträge. Wrath führt vor, wie nun auch dem australischen Outback-Thriller die Luft ausgeht.

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Jonathan Neil Dixons Outback-Film Wrath schürt große Erwartungen. Gehört das Subgenre des Backwood-Slashers schon seit längerem zu den verbrauchtesten überhaupt, konnte der australische Beitrag Wolf Creek (2005) von Greg McLean hierin noch einmal eindrucksvoll einen Akzent setzen. Und Patrick Hughes’ australischer Outback-Thriller Red Hill (2010) bestach neben seiner geradlinigen Rachestory vor allem durch seine Anleihen aus dem Westernfilm. Wrath schickt sich an, die wesentlichen Elemente dieser beiden Genreglanzlichter zu vereinen – leider nur mit sehr mäßigem Erfolg.

Der Anfang des Films ist noch recht vielversprechend, im tatsächlichen Wortsinn. Weitläufige Landschaftsaufnahmen von Schluchten und Wüsten, getaucht in einen Farbfilter, der das erdige Rot-Braun des unwirtlichen australischen Hinterlands hervorhebt, bieten einen eindrucksvollen visuellen Einstieg. Diese Bilder werden von einem episch anmutenden Einleitungsmonolog einer jungen Frau begleitet. Sie erzählt von der Willkürlichkeit des Schicksals, aber auch davon, dass gewisse Ereignisse aus einem bestimmten Grund geschehen müssen, Ereignisse, die sich, wenn man die Ursache kenne, angeblich als zwingend herausstellen. Das lässt auf eine durchdachte Erzählung hoffen.

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Eine Gruppe junger Menschen reist im PKW durchs australische Hinterland und gerät ins Visier einer dort ansässigen Familie. Caroline (Rebecca Ratcliff) hat gerade eine Grundsatzdiskussion mit ihrem Freund Matthew (Corey Page) hinter sich, als sie auf ihrem Trip gemeinsam mit zwei weiteren Freunden einen folgenschweren Halt an einer Tankstelle machen. Wie aus dem Nichts fallen Schüsse, erledigen einen gerade dort angekommenen Polizisten und den Tankwart, und ein verzweifeltes Mädchen (jene Erzählerin des Anfangsmonologs), das bereits zuvor von dem Schützen verfolgt wurde, springt blutverschmiert aus dem Waschraum, wo es sich versteckt hielt, zu den Vieren ins Auto. Damit beginnt eine Verfolgungsjagd, die den kompletten restlichen Film bestimmt und keine weitere Zeit lässt, wenigstens halbwegs ordentlich die Figuren vorzustellen. So bleibt man über persönliche Hintergründe der vier Reisenden und ihre genaue Beziehung zueinander weitgehend im Dunkeln, was eine empathische Anbindung nicht gerade begünstigt.

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Neben dem klassischen Backwood-Jagdmotiv setzt auch Dixon auf den Western-Flair. Die Verfolger sind keine messerschwingenden Lottergestalten, sondern treten im Cowboygewand auf und setzen bevorzugt auf Präzisionsgewehre, um ihre Beute zur Strecke zu bringen. Der Einsatz dieser Waffe wird vor allem zu Beginn äußerst effektiv in Szene gesetzt. Der Blick durchs Zielfernrohr führt die Ausgeliefertheit des unwissenden Opfers vor Augen. Der Schuss ertönt, und die Kamera verfolgt unter Pfeifen die Flugbahn der Kugel, bis diese von Blutspritzern begleitet in ihrem Zielpunkt aufschlägt. Eine Atmosphäre omnipräsenter Gefahr begleitet von da an den Plot. Die Tonebene unterstützt die Wildweststimmung, indem immer wieder Elemente eines klassischen Italo-Western-Score aufklingen. Teilweise so betont klassisch, dass es schon wieder ironieverdächtig ist.

Aber Wrath möchte eigentlich keineswegs den gern beschrittenen Weg des selbstironischen Horrors mitgehen, sondern meint es sehr ernst. Um eine entsprechende Atmosphäre zu vermitteln, hat sich Regisseur Dixon wohl nicht nur von den australischen Vorgängern inspirieren lassen, sondern auch von einigen Klassikern der Filmgeschichte. In The Texas Chainsaw Massacre (1974) stimmte ein verwesendes Gürteltier am Straßenrand die Zuschauer eindrucksvoll darauf ein, was den Protagonisten bevorsteht. Auch Dixon nutzt Roadkillaufnahmen und weitere Bilder von Ausschau haltenden Krähen, Ameisenstraßen oder der verlassenen, rauen Gegend permanent als Zwischenschnitte, um den Ernst der Lage zu betonen. Und bevor Caroline in den Strudel der gewalttätigen Ereignisse hineingezogen wird, erhält sie bereits einen klaren auf Unheil deutenden Hinweis in Gestalt eines kleinen blonden Mädchen mit rotem Regenmantel. Auch in dieser überdeutlichen Anspielung auf Wenn die Gondeln Trauer tragen (Don’t Look Now, 1973)schwingt ungewollte Ironie mit.

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Leider hält der positive Eindruck der Anfangsbilder nicht lange an. Sobald die blutige Hatz erst einmal losgetreten ist, wird nicht mehr viel geboten, um den Zuschauer bei der Stange zu halten. Die Protagonisten begehen die genretypischen Dummheiten (zum Beispiel machen sie zwei Unbekannte, die vor einer erhängten und verwesenden Leiche stehen, mit einem freundlichen „Hallo“ auf sich aufmerksam) und verwenden ihre Energie fast ausschließlich darauf, sich die Augen rauszuheulen, was angesichts der flachen Charakterisierung eher nervt als ergreift. Wenn aber die vermeintlich erbarmungslosen Verfolger zunehmend eine ähnlich gelagerte Sentimentalität offenbaren, ist der Punkt der unfreiwilligen Komik definitiv erreicht. Statt der erhofften weiteren Genreentdeckung wird der neue Aussie-Schocker bald zum Ärgernis. Selbst die imposanten Landschafts- und Tieraufnahmen beginnen in ihrem berechenbaren Einsatz redundant zu werden. Dass dann am Ende nicht einmal das anfangs gegebene Versprechen der alles plausibel machenden Auflösung eingelöst wird, interessiert zu diesem Zeitpunkt eh kaum noch.

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