Jurassic World – Kritik

Der Park ist eine Welt und die Autoscheibe ein Touchscreen. Abgesehen davon bleibt im vierten Teil der Jurassic Park-Reihe aber vieles beim Alten.

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Streng geografisch lässt sich der modifizierte Titel des vierten Teils der Jurassic Park-Reihe nicht verstehen, denn, so viel kann verraten werden, die ganze Welt wird auch dieses Mal nicht von den Spielberg’schen Riesenechsen eingenommen. Vielmehr kehren  wir mit Jurassic World, nachdem sich die Abenteuer des zweiten und dritten Teils (The Lost World: Jurassic Park, 1997; Jurassic Park III, 2001) auf einer lediglich zu Versuchszwecken benutzten, „Site B“ genannten und von einer Außenwelt durchaus durchdrungenen Insel zugetragen haben, zurück zum ursprünglichen Ort des einst angedachten Themenparks: der Insel Nublar. Diese ist mittlerweile ein hochtechnologisch ausgebautes Dinosaurier-Erlebnis-Center, durch das täglich Tausende von Touristen geschleust werden und das mit seiner stark an Konsum und Gewinnmaximierung orientierten Infrastruktur tatsächlich so etwas wie eine kleine eigene Welt bildet (spätestens hier lässt Disney World grüßen).

Auf der Suche nach Sensation

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Die Vision des Multimilliardärs John Hammond ist also Wirklichkeit geworden, gleichzeitig aber auch schon wieder Vergangenheit: In Zeiten einer marktorientierten Logik des Spektakulären ist die Reanimation ausgestorbener Dinosaurier an sich längst keine Sensation mehr. Umso ironischer ist eine schöne Szene etwa in der Mitte des Films zu verstehen, in der die beiden jungen Protagonisten Gray (Ty Simpkins) und Zach (Nick Robinson) auf der Flucht vor einem genetisch designten Riesensaurier auf ein vom Dschungel verschlucktes Bauwerk stoßen und es in kindlicher Begeisterung wie Höhlen(malerei)-Forscher als das alte Jurassic-Park-Hauptgebäude identifizieren.

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Immer größer und angsteinflößender müssen die Tiere also sein, so das Motto, dessen Umsetzbarkeit durch eine Gentechnik gewährleistet wird, die keine praktischen Grenzen mehr kennt, während die ethisch-moralischen Standpunkte wie in den Vorgängerfilmen sich der Dramaturgie dienlich ausprägen, dabei immer zwischen zwei stereotypen Polen oszillierend: einerseits dem Idealismus, der Begeisterung und Neugierde des unabhängigen Geistes, andererseits der Funktionalisierung des Profit- und Machtgierigen, diesmal vor allem verkörpert von der von Vincent D’Onofrio gespielten Figur Hoskins, die die Dinos gewissermaßen als lebendige Bio-Waffen in der Kriegsführung einsetzen will. Der weitere Plotverlauf ist trotz dieser erneut leicht modifizierten Hinführung natürlich schnell klar: Ein „Monster“ wird erschaffen, das nicht nur zerstörerisch wirken kann, sondern sich gleichzeitig auch noch als intelligenter und anpassungsfähiger erweist als erwartet. Es kommt zum Ausbruch und zur (gegenseitigen) Jagd. Same procedure as every film.

Digitale Screens

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Auch auf Inszenierungsebene macht Jurassic World nicht viel anders als die Vorgänger-Filme, was in diesem Fall definitiv eher die Stärke von Letzteren deutlich macht (und dabei auch als ein weiteres Beispiel dafür dient, wie wenig doch nach wie vor das Blockbuster-Kino mit dem Potenzial der 3D-Technik, sollte es dieses denn geben, anzufangen weiß). Vor allem die ersten beiden Teile zeichnen sich durch ihren betont selbstbezüglichen Charakter aus: das penetrante Ausstellen von in Analogie zum Kinoerleben stehenden Schauanordnungen hat es damals bis in die Sphären der wissenschaftlichen Auseinandersetzung geschafft (vgl. Miriam Bratze-Hansens Essay Dinosaurier sehen und nicht gefressen werden). Den dabei ausgebildeten, regelrechten Screen-Fetisch – vor allem dienen Autoscheiben als Rahmungen des Blicks und Grenzen der Berührung – nimmt Jurassic World wieder auf. Das gestaltet sich vor allem zu Beginn durchaus spielerisch, sind die Oberflächen nun doch tatsächlich berührbare Displays, räumliche Projektionen und (in ihrer Schwarz-Weiß-Ästhetik einige Male alte Kaijū-Eiga-Bilder scheinbar wieder aufleben lassende) Überwachungskamera-Bildschirme. Digitalbildgebende Maschinen also, die nun eine gewissermaßen konkret-unkonkrete, scheinbar Abstand und Kontrolle herstellende Medialisierungs-Ebene einziehen. Jurassic World nimmt so seinen dramaturgischen Kern, das Scheitern im Heischen nach Reaktionen des Staunens, als Dilemma des Pixelbildes visuell in sich auf. Das in den früheren Filmen noch auf einen realweltlichen Zuschauer beziehbare Staunen über die digital animierten Saurier weicht einer vollständigen Aneignung (des Digitalen) durch das Digitale – und adressiert so vielleicht ein generelles Problem des zeitgenössischen „Höher, Weiter, Schneller“-Blockbusters. Denn wirklich Spaß macht dieses Kino, bei aller gesteigerten Reflexionsfähigkeit, dann doch momentan am meisten in seiner stumpfen Analogizität, etwa bei Mad Max: Fury Road oder, in diesem Fall, gegen Ende hin, wenn endlich der Horror Einzug hält und niemand mehr wischt, sondern die blutige Hand auf der Autoscheibe klebt.

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